07. August 2019 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist einfach wie verhext. In diesem Jahr hatten wir ja schon einiges an Pech, aber was der fünfte Lauf der VLN Langstreckenmeisterschaft auf dem Nürburgring für uns bereit hielt, haben wir in dieser Form auch noch nicht erlebt.
Nach dem Doppelsieg bei VLN 4 wähnten wir uns nach all dem Pech der ersten drei VLN-Rennen bereits wieder auf der Sonnenseite. Angesichts des bevorstehenden, langen 6h-Rennens, das traditionell den Saisonhöhepunkt der VLN darstellt, hatten wir unsere Autos zwischen den Rennen komplett revidiert und vor allem dem „Güldenen Leuchter“ viele Neuteile spendiert. So wurde beispielsweise das sequenzielle Getriebe direkt beim Importeur komplett neu aufgebaut. Auch im Team wurden einige Positionen verändert, um noch reibungsloser und effizienter arbeiten zu können. Wir fühlten uns top vorbereitet und gut gerüstet für das Rennen.
Am Freitag vor dem Rennen, an dem Test- und Einstellfahrten stattfinden, sind wir noch frohen Mutes in das Rennwochenende gestartet. Die Rennautos legten ihren kurzen Rollout auf den Asphalt, während die Crew bereits das Renntaxi vorbereitete. Am Nachmittag trafen unsere Taxigäste ein, die sich schon sehr auf die schnellen Runden im extra präparierten VW Golf GTI TCR freuten. Dieser Tag lief wirklich super, mit schönstem Wetter, zufriedenen Gästen und einem reibungslosem Ablauf. Doch so sollte es nicht weiter gehen.
Der Samstag empfing uns mit „bestem“ Eifelwetter, also Nebel und Starkregen. Kein Grund, uns Sorgen machen zu müssen, denn speziell Andy Gülden und Benny Leuchter sind bei solchen Bedingungen normalerweise auf der Nordschleife kaum zu schlagen. Da musste schon der Technik-Teufel eingreifen, und das tat er. Kurz nachdem Andy mit dem „Güldenen Leuchter“ im Qualifying die Boxengasse verlassen hatte, kam die Meldung: „Auto steht“. Und das auch noch genau am anderen Ende der Strecke. Angesichts von nur 90 Minuten Qualifying war das Zeittraining für dieses Auto eigentlich schon gelaufen. Andys Meldung „kein Vortrieb, irgendwas in der Kraftübertragung“ klang zudem besorgniserregend, was die Rennteilnahme betraf. Teamchef Manni traf die weise Entscheidung, in der Zeit, in der das Auto in die Box geschleppt wurde, vorsorglich das Differenzial aus dem Renntaxi auszubauen, weil es nicht als Ersatzteil vorrätig war. Die Mechaniker machten sich trotz strömenden Regens sofort daran und funktionierten unser Catering-Zelt kurzerhand zur mobilen Werkstatt um. Noch bevor der „Güldene Leuchter“ im Fahrerlager eintraf, lag das ausgebaute Teil schon bereit. Eine tolle Leistung unserer Jungs.
Tatsächlich stellte sich heraus, dass genau dieses Differenzial, das zuvor vom Importeur komplett überholt wurde, nach nur wenigen Metern kaputt ging. So etwas ist natürlich extrem schwer zu akzeptieren. Trotzdem bauten unsere Mechaniker das Ersatzteil wieder in Rekordzeit ein und machten den „Güldenen Leuchter“ rennfertig. In der Zwischenzeit legten unsere Junioren im Qualifying eine Top-Leistung hin und sorgten so zumindest kurzfristig für eine Aufheiterung der Stimmung. Vor allem Newcomer Loris Prattes, der noch über sehr wenig Nordschleifen-Erfahrung verfügt, brannte unter schwierigsten Bedingungen eine Rundenzeit auf den nassen Asphalt, an der sich sämtlichen Klassen-Konkurrenten die Zähne ausbeißen sollten. Ein tolle Leistung und die Pole Position für das Rennen! Der „Güldene Leuchter“ sollte indes hinter der kompletten Startgruppe ins Rennen gehen.
Wer jetzt glaubte, das Ganze würde sich damit noch zum Guten wenden, sah sich schon kurz nach dem Rennstart getäuscht. Andy Gülden kam wiederum keine einzige Runde weit, bis die Meldung kam „Auto steht“. Schon wieder! Die entsetzten Gesichter in unserer Box kann man sich lebhaft vorstellen. Vor allem als Andy präzisierte: „Bremse vorn fest“. Was war da los? Wie konnte sowas passieren? Da kämpft man den einen Fehler mit vollem Einsatz nieder und dann geht direkt etwas völlig verschiedenes kaputt? Unfassbar. Als das Auto schließlich in die Box kam, war das Rennen für die #10 natürlich gelaufen. Besonders bitter für unseren Andy, der damit seine Meisterschaftschancen in weite Ferne rücken sah. Nach der Fehlersuche stellte sich heraus, dass der Hauptbremszylinder einen Defekt hatte. Plötzlich, unerwartet und völlig unabhängig vom Getriebeproblem. Was soll man dazu sagen?
Der einzige Lichtblick zu diesem Zeitpunkt war unser Juniorenauto mit der #819. Startfahrer Loris Prattes hielt sich bei anfangs strömenden Regen aus allen Kämpfen heraus und pilotierte das neue Auto sicher um die Strecke. Dabei verlor er zwar den Anschluss an den Führenden, hielt aber sich auf Rang zwei. Jasmin Preisig machte es ihm gleich und konnte sogar bei abtrocknender Piste den Rückstand auf P1 mit schnellen Runden etwas verkürzen. Mit einem zweiten Rang hätten wir doch noch ein versöhnliches Ende erlebt. Hätten…
Nur 10 Minuten vor Schluss grätschte uns der Technik-Teufel, der an diesem Tag Überstunden schob, ein weiteres Mal brutal in die Beine. Wieder kam die mittlerweile gut bekannte und befürchtete Meldung „Auto steht“. Jasmin Preisig musste den Golf mit der #819 auf einem sicheren zweiten Rang liegend ohne Vortrieb abstellen. Die folgende Diagnose „Getriebeschaden“ ließ eine völlig desillusionierte und enttäuschte Mannschaft zurück. Diese Anhäufung völlig voneinander unabhängiger Schäden an nur einem Renntag ist durch nichts zu erklären und nur schwer zu verdauen.
Manchmal kann Rennsport grausam sein. Man kommt top vorbereitet zum Rennen und erlebt ein völlig unverschuldetes Desaster. Die Meisterschaft scheint einem durch die Finger zu gleiten und man hat keinerlei Kontrolle mehr über die Geschehnisse. So ging es uns bereits bei den ersten drei VLN-Rennen, als wir ebenfalls jede Menge technischer Probleme hatten. So schwer das auch zu akzeptieren ist, heißt es nun für uns: Mund abputzen, Fehler beheben und weiter geht’s! Schon in einem Monat werden wir wieder top vorbereitet am Ring unterwegs sein und um den Sieg kämpfen. Irgendwann hat auch der Technik-Teufel einmal Feierabend!
Fotos: Gruppe-C und C.O. Mediavision